Sonntag, 20. März 2016

"Challenge Geduld", die 2. oder gestern war kein guter Lauftag

Es ist ja bekannt, dass Geduld nicht meine Stärke ist...also so gar nicht! Und damit habe ich gerade echt zu kämpfen.

Ok, ich muss zugegeben, rein sportfrei war letzte Woche nur der Montag und der Freitag. Dienstag saß ich bereits wieder auf dem Fahrrad, Mittwoch waren Fahrrad und Crosstrainer dran, Donnerstag habe ich meine erste Laufrunde post-Halbmarathon gedreht. Freitag war ich dann shoppen in der Mainmetropole und gestern brach ich wie immer zu meinem langen Lauf am Wochenende auf und was soll ich sagen...es war wirklich eine Quälerei *grmpf* Ich kann gar nicht genau sagen, weshalb. Die Pulswerte schienen normal, es war "nur" eine Strecke von 13,8 km und noch nicht mal 90min. Demnach nur ein Bruchteil von letztem Sonntag. Körper und Geist waren einfach dermaßen müde, dass wirklich nichts mehr ging und ich ziemlich gefrustet war.
Was macht man nun, wenn man derart gefrustet nach Hause kommt? Als erstes versucht man (bzw. habe ich versucht), mir klar zu machen, dass ich wohl doch noch etwas mehr Regenerationszeit benötige, als ich selbst gedacht habe...was mich erstmal ziemlich nervt. Wenn ich mir aber mal vor Augen führe, dass ich gerade mal ca. 15 Monate laufe, objektiv "eigentlich" nachvollziehbar. Trotzdem ätzt es mich an, zum einen weil ich die Natur zu schätzen gelernt habe (ich demnach lieber draußen als drinnen im Studio bin) und weil ich nach wie vor (irrationale) Bedenken habe, meine Kondition zu verlieren. Und ja, ich habe mehrfach gelesen, dass Regeneration zum Training mindestens genauso dazu gehört, wie regelmäßiges Schweinehund- und Friedhorstüberwindung. In der obersten Kommandozentrale ist es angekommen, nur Herz und Körper wollen das noch (nicht) verstehen! *grmpf* 

Da ich mit Verwandtenbesuch aber gestern doch noch einiges an Programm hatte, konnte ich meine Gedanken doch noch ein wenig weg vom negativen lenken.
Trotzdem habe ich mich, wie die letzten Tage auch schon, viel mit dem Laufen beschäftigt: Wie könnte ich mein Training die nächsten Wochen gestalten, welche Strecken wären mal reizvoll, an welchen Wettkämpfen möchte ich dieses Jahr noch teilnehmen.
Genaueres darüber werde ich die nächsten Wochen noch berichten. ;-)
Eine Anmeldung habe ich allerdings eben gerade ausgefüllt: Ich habe mich als Volunteer beim Ironman 70.3 Wiesbaden 2016 beworben. Da ich ja selbst mittlerweile an einigen Wettkämpfen teilgenommen habe weiß ich, dass solche Events ohne freiwillige Helfer gar nicht statt finden würden bzw. könnten. Letztes Jahr stand ich an der Radstrecke des Ironman Frankfurt und war von den Athleten schlechtweg begeistert (auch wenn die wenigsten noch richtig frisch aussahen).
Da ich mich selbst aber für ziemlich radfahruntalentiert halte, kommt Triathlon für mich nicht in Frage. Um dennoch an ein Teil eines solchen Events zu werden, werde ich also in meiner Heimatstadt mich hoffentlich an der Laufstrecke bzw. im Ziel um die Athleten kümmern können und evt. noch die IronKids betreuen :-) Ich bin sehr gespannt, wann ich die nächsten Informationen erhalten.

Freitag, 18. März 2016

17.3.2016 oder " Ein nicht ganz einfacher Tag"

Wie schon mehrfach erwähnt ist der 17. März eines jeden Jahres kein einfacher Tag für mich.
Gut, mittlerweile kenne ich jemanden, der an diesem Tag Geburtstag hat ;-) Aber im Großen und Ganzen ist dieser Tag immer von dem Todestag meiner Lieblingsoma (und meinem Stiefopa) überschattet. Obwohl im medizinischen Bereich tätig und und realistisch bis pessimistisch veranlagt, traf mich der Anruf aus der Heimat damals wie die Faust in den Magen, dass nun beide an einem Tag verstorben waren. Ich befand mich zu diesem Zeitpunkt in der Schwabenmetropole im Bereitschaftsdienst und mir zog es den Boden unter den Füßen weg...gepaart mit den Selbstvorwürfen, dass ich eben doch öfter die Fahrt von Stuttgart nach Kassel hätte auf mich nehmen sollen. Vor allem als klar war, dass sie nicht mehr lange zu Leben hat.Außerdem die Sorge um meine väterliche Familie, da meine "Stiefmutter" sich im hohen Norden bei ihrem Vater befand und mein Papa mit meinen Schwester damals allein zu Hause war. Vielleicht war es aber auch eine Art Vermeidungsstrategie: Wenn ich nicht sehe, wie schlecht es ihr geht, muss ich mich auch nicht damit auseinandersetzen, dass ich sie bald gehen lassen muss. Als wir uns das letzte Mal trafen, wussten wir beide, ohne es auszusprechen, dass wir uns nicht mehr wieder sehen würden...ein furchtbarer Moment für mich, wo sie doch eine so große Bezugsperson ja quasi Seelenverwandte war.

So habe ich es mir angewöhnt, diesen Tag relativ bewusst wahr zu nehmen. Entweder, in dem ich mich bewusst dunkel gekleidet habe (was ihr sicherlich nicht wirklich gefallen hätte), oder eben mein erster läuferischer Meilenstein letztes Jahr, an dem ich das erste Mal 30 min durch gelaufen bin (ebenfalls bei Kaiserwetter). 
Da ich durch den Halbmarathon eine Woche Urlaub habe, hatte ich kurzfristig überlegt, nach Kassel auf den Friedhof zu fahren. Diesen Gedanken verwarf ich aber relativ schnell. An diesem Tag hatte ich das Gefühl, Friedhorst neue Nahrung zu geben. So fuhr ich, wieder bei Kaiserwetter, auf den hier ansäßigen Flugplatz, um dem Himmel ein Stück näher zu sein und genoss hier einfach die Ruhe und den Sonnenschein.
Eine erste kleine Laufrunde an diesem Tag und nach dem Halbmarathon durfte natürlich auch nicht fehlen. ;-)

"Der Hoffnung entgegen, der Sonne hinterher"

Mittwoch, 16. März 2016

"Challenge Geduld" oder "Zahlen, Daten, Fakten"

Heute ist also der "2. Tag after" Was bedeutet das nun konkret?

Emotional ist es (leider immer noch) nicht so ganz gesackt. Keine Ahnung, warum. Es erscheint mir, als wäre das am Sonntag eine andere Person gewesen, die diese Distanz bewältigt hätte.
Gestern habe ich mich das erste Mal mal wieder sportlich betätigt, und bin  mal 45 min Fahrrad gefahren. Gleich geht es dann erneut ins Studio, um auf dem Crosstrainer mal zu testen, was denn das linke Knie zu abgeschwächten Laufbewegungen sagt ;) Radfahren ging gestern ganz gut...die Treppen vorher und hinterher zum Rad hin waren allerdings ein wenig beschwerlich :D Demnach muss es doch so gewesen sein, dass ich höchstpersönlich da am Sonntag gestartet bin.
 Morgen allerdings MUSS ich dann einfach raus in die Laufschuhe und die Natur, denn zum einen jährt sich morgen einer meiner läuferischen Meilensteine (wer es nicht mehr weiß, kann es hier nachlesen), besondere Grüße an Wolke 7 müssen ebenfalls verschickt werden...und ich habe das ganz bescheuerte Gefühl, dass wenn ich nicht morgen wieder die Laufschuhe schnüre, ich wieder zur Couchpotatoe mutiere. Ziemlich dämlich, da ja nur der Montag komplett ohne Sport waren, es heute wieder auf den Crosser geht und dann morgen am Donnerstag zumindest eine kleine Runde gedreht wird. Mich beschleicht wirklich das Gefühl, dass ganze seltsame Gefühl, das Laufen wieder "zu verlernen"! Nüchtern betrachtet totaler Quatsch! Friedhorst, halt einfach die Klappe!!!
Körperlich ist heut der erste Tag, an dem ich zwar immernoch "etwas merke", aber bisher nicht das Gefühl habe, ich müsste besonders auf mein Knie o.ä. acht geben. Mal sehen, wie es sich nach dem Studio verhält ;) Ich hätte nicht gedacht, dass der Lauf tatsächlich so "lange" nachwirkt. Geduld ist mal wieder angesagt...etwas, was ja so gar nicht mein Steckenpferd ist und in der Vorwettkampfregeneration ja schon zu ein wenig Missstimmung führte.

Da der Sonntag ja ein Meilenstein ist und bleibt, hatte ich mich schon weit vorher entschlossen, dass ganze auch sichtbar und damit fassbarer für mich zu machen. Heraus gekommen ist dabei Hermes Flügelschuhe und ein Spruch, der nicht nur zum Laufen, sondern auch zu meiner Gesamtsituation passt:


Hier aber nochmal ein paar Zahlen, Daten, Fakten zu meinem Halbmarathon:
Mit 4798 anderen Startern ging ich an den Start, davon 3499 Männern und 1318 anderen Frauen. Im Schnitt lief ich ein Tempo von 5:50min/km und war laut Uhr die meiste Zeit im hohen Puls- und damit Belastungsbereich unterwegs (ca 19 km lang). Viel mehr wäre demnach nicht drin gewesen...vielleicht ohne Gegenwind und das Ausbremsen am Anfang, aber darauf hat man nicht wirklich Einfluss, leider.
Wie man aber sieht, zumindest laut Uhr gab es ein paar neue persönliche Rekorde :)

Die Strecke
Persönliche Rekorde

Nun bin ich wirklich mal gespannt, ob ich nach dem Crosstrainer und Fahrrad fahren eine Gehilfe benötige oder nicht. :)

Montag, 14. März 2016

14. Halbmarathon Frankfurt ...und ich war dabei!

Oh man, so richtig weiß ich gar nicht, wo ich diesmal anfangen soll...denn so ganz angekommen ist es bei mir noch nicht, dass ich tatsächlich teilgenommen und gefinished habe!

Die Nervosität hat sich die letzten Tage wirklich beträchtlich gesteigert und ist zum Teil auch in schlechte Laune umgeschlagen. So richtig wollte ich mich auch mit niemandem mehr darüber unterhalten...obwohl ich meinen Trainingsplan zu 99% eingehalten und dementsprechend dafür gearbeitet habe, um anzukommen. Aber diese Regenerationsphase ist auch echt etwas für den Kopf. Hat mir mental irgendwie nicht so richtig gut getan und Friedhorst schien wieder aus seiner Ecke rauszukommen, in die ich ihn verbannt habe.Irgendwie war ich eben auch körperlich nicht ausgelastet, weil die Umfänge doch deutlich reduziert waren.

Den  Vorabend war ich relativ relaxt, aber natürlich überhaupt nicht müde...dafür am Wettkampftag morgens um so mehr.
Um halb 7 klingelte der Wecker und diesmal hätte ich gern noch weiter geschlafen. Die Ruhe vom Abend war wie weg geblasen und ich stand mit einem gefühlten Puls von 200 auf. Aber es hieß, aufstehen um zu frühstücken. Eigentlich laufe ich immer so gut wie nüchtern, vor allem meine langen Läufe...und da musste ich natürlich früh genug aufstehen, damit mir mein Frühstück nicht wie ein Stein im Magen lag.

Die Tasche ist gepackt
 Irgendwie wurde mein Zeitplan dann doch ein wenig knapp, was wohl einem lieben, mutmachendem Anruf geschuldet war.
Bei Kaiserwetter startete ich von der Wetterau in die Mainmetropole. Leider hatte es sich dort ein wenig bewölkt und vorallem war es hier sehr windig...sehr zum Leidwesen meines Supportingteams. Ich war erstmal nur froh, dass es von oben trocken war. Als ich sämtliche Familienmitglieder eingesammelt hatte, gingen wir auch schon so langsam Richtung Startblock und ich lief mich ein wenig warm. Nur noch die Überhose ausziehen und dann wollte ich mich aufstellen...blöd, wenn man dann kaum noch fähig ist, die Hose über die Schuhe zu ziehen und alles, was man sonst wirklich im Schlaf macht, einfach mega kompliziert wird!
Irgendwann schaffte ich es dann doch noch, mich aufzustellen und mit ein wenig Verspätung ging es gegen 10:15 los.



Die ersten 2-3 Kilometer waren ziemlich eng, die Frankfurter Waldwege am Stadion sind nicht die breitesten...und das nervte dann doch schon ein bisschen.
Als es aber auf die Niederräder Straßen ging, entzerrte sich das Feld sowohl in die Breite als auch in die Länge und ich hatte etwas Freiraum...ich mag es einfach nicht, wenn andere Läufer mir zu nah auf der Pelle sind.
 Leider war da nicht so viel Publikum zu sehen, was sich aber aber am Mainufer wieder ziemlich änderte :) Auch warteten hier wieder Kinder zum Abklatschen auf den Sitzbänken, aufgereiht wie die Orgelpfeifen, was wirklich Spaß machte.
Bis km 10-12 lief alles super. Mein Ziel von 1:59:59 hatte ich relativ früh ad acta gelegt, da ich das Tempo irgendwie nicht halten konnte (so im Nachhinein fällt mir ein, dass es ja doch über längere Strecken schon sehr winding war!) und bei km10 bereit über 1,5 min "zu langsam" war. War für mich aber in diesem Moment nicht so schlimm. Zurück ging es durch Sachsenhausen und auch hier standen noch viele Zuschauer und jubelten uns Läufern zu.
Irgendwann, bei ca. km 16 ging es wieder raus zum Stadion. Vorbei an einem Schild, was 1,9km bis zum Stadion anzeigte...grotesk, wenn man weiß, dass man einen "Umweg" und nicht auf dem direkten Weg diesen Weg bestreiten wird.
Wie meine Strava-Daten zeigen, bin ich ab ca. km 15/16 wirklich langsamer geworden...schade eigentlich!
Es ging dann nochmal eine lange Gerade wieder in den Wald hinein, die man auch wieder zurück laufen musste. Dort gab es keinerlei Absperrung, so dass ich zumindest einen Sekundenbruchteil darüber nachgedacht habe, doch abzukürzen...was natürlich gar nicht geht! Und ich natürlich auch nicht gemacht habe! Denn klar war auch, dass eine der letzten Zeitnahmenmatten am Wendepunkt sein würde.
Die letzten  KM waren wirklich anstrengend...und das Gemeine ist, dass man vor dem Zieleinlauf im Stadion erstmal selbiges zu 3/4 umrunden muss. Das wird auch nicht hübscher, wenn dann auch noch an den bereits fertigen Läufern mit ihrem wohlverdienten alkoholfreien Bier stehen sieht. Ich kann wirklich nur sagen, die letzten 700m waren  die Hölle! Die Emotionen kochten bei mir wirklich hoch: Einerseits wollte ich einfach nur, dass es vorbei ist, andererseits war ich so überwältigt, diese Strecke tatsächlich geschafft zu haben, dass die erste Heulattacke sich schon 500m vor dem Ziel anbahnte...was beim Laufen eher hinderlich ist, dann fällt das Atmen nämlich noch deutlich schwerer!
Direkt beim Einlauf ins Stadion hörte und sah ich auch meine Schwestern und ein paar Sekunden später auch meine restliche Familie. Das hat mich doch nochmal so beflügelt, dass ich tatsächlich noch mal einen Schlussspurt hinlegen konnte.

Schlussendlich kam ich mit einer Zeit von 2:03:16 h netto ins Ziel. Wie gesagt, dass heimliche Ziel habe ich verpasst. Aber für den teilweisen starken Gegenwind und die im Training gelaufenen 21,2 km (zwar mit mehr Steigung aber trotzdem) in 2:11:xx "eigentlich" eine gar nicht so schlechte Zeit...bzw. eine recht schöne Zeit. (Wesentlich mehr Euphorie bei einem heimlich verpassten Ziel und einem Friedhorst in der Ecke ist vermutlich nicht drin ;-) ) Immerhin gab es 5 (!!!) neue persönliche Bestleistungen, denn über 10 km, 15km, 10 und 20 Meilen sowie der Halbmarathon selbst waren meine schnellsten bisher.
So ganz realisieren kann und konnte ich es bisher noch nicht, dass ich, gerade ich, diesen Wettkampf für und gegen mich geschafft habe!

Irgendwie kam ich dann doch durch zu Zielverpflegung und trank erstmal Wasser und irgendwelches Isozeugs. Relativ schnell hatte meine Familie mich gefunden und dann gab es eine Überraschung, die ich zwar insgeheim geahnt (nachdem mir selbige angekündigt worden war), aber nicht im entferntesten zu hoffen gewagt hatte: Meine längeste und beste Freundin, die mittlerweile 60 km südlich von München wohnt, war extra das Wochenende in die alte Heimat gekommen, um mich im Ziel empfangen zu können!

 
Emotionen pur!


 Gerade, wenn ich diese Sätze schreibe, bekomme ich wieder Gänsehaut und kann es immer noch kaum fassen, dass sie das für mich auf sich genommen hat: Nochmal ein großes Danke dafür!!!
Wenn man nämlich einen Friedhorst hat, will man keinem zur Last fallen, keine Umstände bereiten und kann sich kaum vorstellen, dass jemand so etwas macht, nur, um meiner Person eine Freude zu machen. Ist einfach schwer vorstellbar, wenn es einem selbst schwer fällt, sich eine Freude zu machen, dass es andere dann einfach mit so viel Aufwand trotzdem machen.
Ein großes Danke auch an meine Familie, die geschlossen (!) die kompletten 2:03 h wegen mir froren und auf mich warteten.
 
 Wer  erste Bericht lesen will, kann hier und hier  schauen. 

P.S.: Mein Papa drückte mir im Ziel einen Flyer vom Kasseler Marathon in die Hand ;-) Ob das wohl ein Wink mit dem Zaunpfahl sein sollte? :-)

Sonntag, 6. März 2016

F32.1 oder Wer kennt Tobi Katze?

Wer schon einmal bei einem Arzt war und eine Krankschreibung benötigte, der wird sie kennen, diese kryptischen Abkürzungen auf Arztbriefen und dem gelben Zettel, die aus Buchstaben und Ziffern bestehen. Der magische ICD 10 Code, der Code für "Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme". Jeder, der also schon mal eine Erkältung oder einen gebrochenen Arm hatte, kann durch die Abfolge von Buchstaben und Ziffern in eine Schublade gesteckt werden. Schubladendenken ist (eigentlich, was ja bekanntlich kein Wort ist) ziemlich doof. Für die Abrechnung und Einschätzung eines Patienten, auch in meiner Arbeitswelt aber nicht ganz unerheblich.

Die Grippe-Schublade oder Gebrochener-Arm-Schublade finde ich persönlich noch nicht so schlimm. Es ist etwas vorübergehendes, nicht "selbst kurierbares", in der Gesellschaft toleriertes, und somit nicht stigmatisiertes.
Das ändert sich bereits mit Krebs-Schublade. Auch diese ist in den wenigsten Fällen selbst verschuldet, außer vielleicht durch eine ungesunde Lebensweise, in welcher Art auch immer.
In diese kann man mich Gott sei Dank nicht "hineincodieren", und da bin ich auch wirklich sehr froh drum! Allerdings durfte ich bereits Erfahrung als Angehöriger von Personen in solchen Schubladen machen...Großmutter, Vater, eine sehr gute Freundin, 2 Großcousinen, sowie eine angeheiratete Cousine sind von diesem Schicksal betroffen gewesen. Wirklich keinem wünscht man diese Krankheit, die einher mit Existenz-/Todesängsten geht, über OPs und Chemo- und Strahlentherapien. Für die Patienten ist nicht nur die Krankheit an sich schwer zu begreifen und die Therapien durchzuhalten, sondern auch die körperlichen Veränderungen, die fast zwangsläufig damit auf einen zu kommen. Für die meisten sichtbar ist der Verlust der Haare. Nichts wirklich lebensnotwendiges, aber äußerlich doch schnell sichtbares. Mitleidig werden Krebspatienten oft angeschaut, weil man ihnen ihre Krankheit einfach (oftmals, glücklicherweise nicht immer!) durch die körperliche Veränderungen ansieht. Mitleid ist, egal in welcher Schublade man gerade festhängt, wirklich eine doofes Gefühl. Hier möchte ich jedoch ganz klar von Mitgefühl abgrenzen. Mitleid hat so etwas von...priviligiert sein des Anderen,priviligiert fühlen des anderen und (offensichtliches) widerspiegeln des Ganzen.Ich kann es gar nicht genau beschreiben, was ich damit meine.

Warum ich das ganze über eine dunkelrote (Krebs-)Schublade schreibe, wo ich doch selbst in einer schwarzen Schublade unterwegs bin, die mal mit dem Namen F32.1 began und mittlerweile zwischen F32.1 und F32.0 schwankt, ist vermutlich darin begründet, dass man sich selbst mit dieser Art der Diagnose bisweilen die Existenz einer Erkrankung selbst abspricht...und aber auch abgesprochen bekommt.
An Tagen, wo es mir mal nicht so gut geht, denkt man auch schon mal: " Ach komm, stell dich nicht so an, die Welt soll doch so schön sein, es gibt  Leute, die sind wirklich krank! Du hast ein Dach über dem Kopf, du hast einen Job, kannst deinen Kühlschrank selbst füllen, also WARUM ZUM KUCKUCK stellst du dich so an?!?"
Andererseits ist dieses Thema auch gesellschaftlich (noch) nicht anerkannt: Man kann es nicht sehen, man kann es nicht wegmedikamentieren, wegoperieren, noch sonst irgendwie sichtbar "wegmachen". Da sich die Problematik im Kopf abspielt, muss auch da die Lösung hin, aber auch daher muss sie kommen. Und das, stellt sich Otto-Normal-Mensch doch wesentlich leichter vor.
Aussagen wie: "Ach, jeder hat doch mal nen schlechten Tag/eine schlechte Phase.", "Du musst einfach nur mehr rausgehen, mehr unter Leute!", "Mach doch einfach mal das, was dir Spaß macht, was du schon immer machen wolltest!" sind mit Sicherheit lieb gemeint (und das meine ich ehrlich, denn ich bin mir sehr bewusst, dass auch mein Umfeld nur möchte, dass es mir besser geht!), aber helfen mir nicht weiter und können bisweilen sogar kontraproduktiv wirken. 
Die wirkliche Problematik liegt in Denk-, Emotions- und Verhaltensmustern, die sich über Jahrzente eingeschliffen haben, deren man sich erstmal bewusst werden muss (und das dauert schon ewig) um dann zu versuchen, daran etwas zu ändern (dauert noch viel ewiger...und das ist für mich als Ungeduld in Person nicht einfach auszuhalten!).

Bisweilen knabbere ich immernoch an der Akzeptanz des Ganzen. Ich habe ihn jetzt einfach mal "Friedhorst" getauft...blöder Name für eine noch viel blödere Diagnose, die ich nicht haben will. Die sich aber leider nicht weg diskutieren lässt. Vielleicht fällt mir die Akzeptanz leichter, wenn ich Friedhorst als Teil meines Lebens akzeptiere...auch wenn ich nicht scharf drauf bin, zuviel Zeit mit ihm zu verbringen und er ziemlich nervt, aber doch irgendwie Gewohnheit ist.

Vielfach habe ich versucht, meinem Umfeld zu Erläutern, wie das ist, so einen Friedhorst zu haben und bin damit (gefühlt) ziemlich gescheitert. Für beide Seiten ein unbefriedigendes Gefühl!
Durch Zufall habe ich mir vor ein paar Tagen das Buch "Morgen ist leider auch noch ein Tag" von Tobi Katze gekauft und bin auf seinen (mittlerweile geschlossenen) Stern-Blog gestoßen. Chronologisch habe ich angefangen, diesen Blog zu lesen und schon die ersten Beiträge sprachen mir einfach aus der Seele.
Wer möchte, kann sich vor allem mal diesen Artikel durchlesen.

Bis auf diesen Blogartikel habe ich aber heute (zumindest tagsüber) für Friedhorst keine Zeit. Heute wird gewählt und eine liebe Kollegin besucht.